Große Pressekonferenz: 500. „Webklicker“-Projekt fand an der Engelsburg statt
„Ich wusste gar nicht, dass mich meine Freunde über Snapchat auch orten können“, sagt die elfjährige Charlotte Stahlmann. Und die gleichaltrige Laura Düsterhöft hat gelernt: „Einen Kettenbrief werde ich über eine App nicht noch einmal weiterschicken.“ Medienpädagogisch begleitet setzte sich die Klasse 6a in dem Unterrichtsprojekt Webklicker mit den Möglichkeiten und Gefahren solcher Apps im Internet auseinander. Und da das in Hessen zum 500. Mal durchgeführt wurde, war das Medieninteresse am Donnerstag groß.
Journalisten, Fernsehteams und Ehrengäste hatten sich mittags in der Aula versammelt, um zuzuhören, was die Elf- und Zwölfjährigen in den zwei Tagen gelernt haben. Die Medienpädagogen der gemeinnützigen Agentur medienblau waren bereits zum wiederholten Mal an der Schule. Das Projekt, das sie im Auftrag der Medienanstalt Hessen durchführen und vom Land Hessen finanziert wird, gibt es bereits seit 15 Jahren. Dazu gratulierte per Videobotschaft auch der hessische Kultusminister Prof. Dr. Alexander Lorz: „Weblicker ist wichtig, damit Ihr Euch im Internet sicher bewegen könnt.“
Christen netzwerken schon immer
Schulleiter Thorsten Prinz sieht in dieser medienpädagogischen Aufgabe sogar eine Verbindung zum christlichen Leitbild der Engelsburg. Er verwies in seiner Ansprache an die Schülerinnen und Schüler darauf, dass Jesus schon auf die Gemeinschaft setzte: „Er hat ein Netzwerk geschaffen und wahrscheinlich nicht zufällig als erste Jünger die beiden Fischer Simon und Andreas berufen und ihnen gesagt, dass er sie zu Menschenfischern machen will.“ Aus diesem Netzwerk sei später die Kirche entstanden und aus dem Netzwerk der Kirche die Ordensgemeinschaft der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel hervorgegangen, die die Engelsburg vor 129 Jahren gegründet hat.
Inzwischen hätten die Schwestern selbst ein weltweites Netzwerk aufgebaut: „Und das Streben nach Gemeinsamkeit spiegelt auch das Schulmotto wider: Gemeinsam. Leben. Lernen.“ Prinz betonte: „Inzwischen ist das Internet ein mächtiges Netzwerk. Eins mit Gefahren, aber ebenso eins, das Menschen zusammenbringt.“ Deshalb wolle man diese Technologie an der Engelsburg vor allem als Chance begreifen: „Die technische Ausstattung an den Schulen wird zurzeit so hoch gefördert wie noch nie. Und diese Möglichkeiten wollen wir nutzen.“
Die Medienpädagogik spiele daher eine große Rolle. „Wir wollen Euch fit machen für ein selbstbestimmtes Leben in sozialer Verantwortung. Der Umgang mit dem Internet gehört dazu.“ Und genau deshalb sei er den Medienpädagogen von „medienblau“ dankbar dafür, dass sie dieses spezielle Coaching zwei Tage lang übernehmen.
Medienführerschein muss selbstverständlich werden
Joachim Becker, Direktor der Medienanstalt Hessen, verwies auf die Dringlichkeit der Medienkompetenz: „Dass die Polizei an den Grundschulen Verkehrsunterricht gibt und Euch den Fahrradführerschein überreicht, ist schon lange selbstverständlich. Genauso selbstverständlich sollte es sein, dass wir an die Schulen kommen und Euch nach einer entsprechenden Schulung den Medienführerschein erteilen.“
Das Konzept dieses Medienführerscheins baut auf drei Säulen auf: erstens dem aktiven Kennenlernen der verschiedenen Apps, zweitens einer integrierten Lehrerfortbildung und drittens einem Elternabend, der zum Abschluss des Projektes stattfindet. „Und zwar digital“, wie Medienpädagoge Daniel Hildebrandt erläutert: „Dabei werden die Kinder ihren Eltern die Ergebnisse digital vorstellen. Das hat sich nicht nur während der Corona-Zeit als vorteilhaft erwiesen. Diese Form der Präsentation führt zugleich dazu, die Medienkompetenz auf beiden Seiten zu erhöhen und die Eltern aktiv einzubeziehen.“
Vereinbarung gegen Cybermobbing
Die Klasse 6a beschäftigte sich beispielsweise mit dem wichtigen Thema Cybermobbing und der Bedeutung der Privatsphäre, dem Datenschutz und dem Recht am eigenen Bild sowie den Gefahren durch Werbung, Kettenbriefe und Viren. Ebenso war die Ortung ein Thema: „Eigentlich ist es ja cool zu wissen, wo der andere ist. Aber man kann damit auch jemanden stalken. Das ist ganz schön unheimlich“, gibt die elfjährige Ashley Collins zu. Ihre Mitschülerin Marjana Vasić ergänzt: „Da ist es schon gut, dass es Privatsphäre-Einstellungen gibt. Es muss nicht jeder wissen, wo ich bin.“ Und nicht ohne Grund gibt es für die Apps auch Altersbeschränkungen. Lennox Bies zeigte sich zum Beispiel überrascht, dass die Nutzung der Dienste von YouTube offiziell erst für 16-Jährige freigegeben ist.
Tatsache ist, dass sich die meisten Sechtsklässler schon mit diesen Apps auseinandersetzen. „Ich habe seit einem Jahr ein Smartphone“, verrät Justus Riese. „Wie 75 Prozent der Elfjährigen“, erklärt Daniel Hildebrandt. Zusammen mit seinem Vater hat Justus auch erlaubte Apps auf seinem Gerät installiert. Aber auch Johannes Rahm, der noch kein Smartphone besitzt, lernt den Umgang damit bereits bei seinen Freunden und am Familien-Tablet zu Hause kennen.
Als gemeinsames Ergebnis der beiden Tage unterschreiben alle Schülerinnen und Schüler eine gemeinsame Vereinbarung, dass sie verantwortungsvoll mit ihren Smartphones umgehen wollen. Das Cybermobbing soll auf diese Weise unterbunden werden.
Foto-Tutorial für die Eltern
Als praktische Übungen gehörte das Recherchetraining per Internet am ersten Tag zu den Aufgaben, die Erstellung eines eigenen Foto-Tutorials am zweiten Tag. Die Elf- und Zwölfjährigen stellten Situationen nach, in denen sie sich gegenseitig zu den verschiedenen Appss befragen. Dabei standen Youtube, WhatsApp, Snapchat und Tiktok im Vordergrund.
„Als wir mit unserem Projekt ‚Webklicker‘ vor 15 Jahren angefangen haben, gab es andere Plattformen. Noch vor ein paar Jahren war Facebook das große Ding. Heute sagt Ihr: ‚Das ist eher was für ‚Ältere‘“, richtet sich Medienpädagogin Karen Schönherr in der abschließenden Pressekonferenz an die Klasse 6a. „Heute sind Snapchat oder Tiktok ganz groß – aber ich bin gespannt, ob es die in 15 Jahren noch gibt.“
Das Konzept des Unterrichtsprojektes sei dagegen von Anfang an dasselbe: „Noch immer sind Cybermobbing oder Bildrechte ganz wichtige Themen. Und damit werden wir uns auch beim 1000. Mal noch beschäftigen“, so Daniel Hildebtrandt. Vielleicht sind die Pädagoginnen und Pädagogen von „medienblau“ dann ja auch wieder an der Engelsburg.