Am 3. Juli waren wir, die Kinder aus der Klasse 7d, auf einer Bunkertour der Vikonauten. Direkt gegenüber von der Engelsburg befindet sich ein alter Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg. Wahrscheinlich habt ihr schon oft das Graffiti besprühte Gebäude gesehen, und genau dort befindet sich der Eingang. Jeder von uns musste zur Sicherheit einen Schutzhelm tragen, da immer mal ein paar Metallstäbe an den Wänden herausragten. Unser Bunkerleiter hieß Klaus Wölbling. Er war sehr nett und erzählte uns ziemlich viel über den Zweiten Weltkrieg und natürlich über Bunker im Allgemeinen.
Ich und alle anderen Schüler:innen konnten sehr viel Neues dazulernen. Eine Geschichte davon war besonders spannend.
Es ging über unsere Nonnen im 2. Weltkrieg. Diese fanden es gar nicht gut, dass Juden als unterster Teil der Geselschaft wahrgenommen wurden und wollten sowohl jüdische und katholische Mädchen unterrichten (zu dem Zeitpunkt war das Engelsburg-Gymnasium noch eine Mädchenschule). Daraufhin wurde ihre Schule von einem Nazimitglied geschlossen, doch die Nonnen wohnten weiterhin dort. Als wieder einmal Luftalarm war, nahmen sie sich Kartoffeln mit in den Keller, um sie zu schälen, damit sie am nächsten Tag etwas zu essen hatten. Leider wurde eines der Gebäude von einer Bombe getroffen und der Keller wurde verschüttet. Dort erstickten die Nonnen und wenig später wurden sie tot neben dem Kartoffeltopf gefunden. Dieser Kartoffeltopf ist Kasseler Stadtmuseum ausgestellt, und die Kartoffeln sind als schwarze Stückchen erhalten geblieben. Schaut es euch einmal an, denn das Museum hat freien Eintritt für alle Schüler:innen.
Das Graffiti besprühte Gebäude besuchten wir aber erst als zweites. Das erste Gebäude sah von außen wie ein ganz normales Haus aus, es ist ein so genannter Hochbunker. Wenn wir es nicht gewusst hätten, hätte man niemals vermuten können, dass sich dort ein Bunker befindet. Darin waren ziemlich lange Gänge und schon im zweiten Stockwerk hatte man das Gefühl, sich unter der Erde zu befinden.
Es ging aber noch tiefer hinunter…
Ganz unten hätte man ohne Taschenlampe nicht mal mehr seine Hand vor Augen sehen können. Wir hatten zum Glück aber viele Taschenlampen und es wirkte nicht mehr ganz so stockdunkel. Ein bisschen mulmig zumute war manchen von uns trotz des Lichtes. Als wir an einer dicken Wand angekommen waren, wurde uns ein Audio von einem Mann abgespielt, der früher einmal kontrolliert hatte, wer in einen Bunker hineindurfte und wer nicht, denn dieser Bunker war nicht irgendein Bunker, nein, hier hielten sich höher stehende Nazi-Mitglieder auf.
Ein deutlicher Unterschied war zu merken zu dem Bunker, der nach diesem kam, der für die „normale“ Bevölkerung gedacht war. In diesem Bunker hier gab es Wassertoiletten und sogar Badewannen! Außerdem befand sich daneben ein Glaskasten, in dem Dinge ausgestellt wurden, die die Vikonauten dort gefunden haben. Es war alles super interessant, und doch war ich ein bisschen froh aus dem Dunkeln wieder herauszukommen (lebend!).
In dem nächsten Bunker mussten wir dann die Helme tragen. Dort ging es 14 Meter in die Tiefe. Unten angekommen war es durch das eindringende Grundwasser ziemlich feucht, dennoch ist nach all den Jahren alles stabil. Die Decke war aus Backsteinen, stabilisiert durch Rundbögen. Dieses Mal war es sehr unheimlich, da es niedrige und schmale Gänge gab. Wir machten uns also auf den Weg und schauten immer wieder fasziniert an die Decke. Wir erfuhren, dass dieser Bunker früher mal zum Lagern von Bier ausgebaut wurde. Als die Nazis merkten, dass sie Bunker für ihre Bevölkerung brauchten, stabilisierten sie den Weinkeller mit Rundbögen und funktionierten ihn in einen Bunker um. Man sah einen deutlichen Unterschied zwischen dem vorherigen und dem jetzigen Bunker. In dem Bunker für die Bevölkerung sollten viel mehr Menschen untergebracht werden, außerdem war alles enger. Es gab noch nicht einmal richtige Toiletten, sondern nur einfache Eimer.
Klaus berichtete uns, dass um die 500 Menschen in den Bunker passten, aber meistens über 1000 manchmal bis zu 2000 Menschen hineingegangen sind, wenn niemand am Eingang kontrolliert hat. Außerdem hörten wir ein Audio von einem Mann, der damals noch jung gewesen war und miterlebt hatte, wie er und die anderen Menschen in genau diesen Bunker hineingestürmt waren. Sein Vater war querschnittsgelähmt, und er berichtete, wie der Rollstuhl seines Vaters einmal umgefallen war und sie in Hektik verfielen. Seine Mutter trug seinen Vater immer in den Bunker hinunter, dies war gar nicht so einfach, da niemand auf den anderen achtete, da jeder so schnell wie möglich in den Bunker hinein wollte. Es war eng, die Luft war schlecht und es waren tausende Menschen in dem Luftschutzraum. Wenn man Glück hatte, bekam man einen Sitzplatz; wenn nicht, musste man dicht an dicht stehen. Er berichtete noch vieles mehr und jeder von uns horchte aufmerksam seinen Berichten.
Auf dem Rückweg ging es durch einen schmalen Gang, und ich muss zugeben, dass ich sehr froh war, als wir das Tageslicht erkennen konnten. Es war insgesamt super spannend und vielen Dank an unseren Begleiter Klaus, der uns sehr nett durch die Bunker geführt hat und von dem wir einiges Neues erfahren haben.
Leonie-Marie Caroli (Klasse 7d)
(Fotos: SMMP/Moeller)