Mit feierlichem Gottesdienst und Festakt das 125-jährige Bestehen gefeiert
Mit einem ökumenischen Gottesdienst in der evangelischen Martinskirche und einem Festakt in der Schulaula feierte das Engelsburg-Gymnasium am Samstag sein 125-jähriges Bestehen. Mit 1100 Schülern ist es die größte und älteste Schule in Trägerschaft der Schwestern der heilige Maria Magdalena Postel.
Der hessische Kultusminister Alexander Lorz betonte, dass private Schulen wie die Engelsburg ein fester und bereichernder Bestandteil der Schullandschaft seien: „Im staatlichen Schulsystem bewegt sich alles im Rahmen der weltanschaulichen Neutralität. Sie aber können der Schule ein eigenes, christliches Profil geben. Das eröffnet Ihnen andere Möglichkeiten.“
Christliche Freiheit
So wie der Kultusminister lobten alle Redner die Weite, die die Engelsburg zulässt und lebt. Karlheinz Diez, Weihbischof im Bistum Fulda, sagte: „Ich bin der Engelsburg dankbar, dass Sie Räume schafft für das Nachdenken über Gott und den Menschen.“
Der Bischof der evangelischen Kirche Kurhessen-Waldeck, Martin Hein, erklärte: „Christliche Schulen sind oft von einer beeindruckenden Fortschrittlichkeit und Offenheit geprägt.“ Das liege daran, dass sie danach fragten, was sie den Schülern über das Wissen hinaus mitgeben können, um das Leben zu meistern: „Christliche Schulen setzen eigene Akzente. Das ist christliche Freiheit.“
Die Generaloberin der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel, Schwester Maria Thoma Dikow, selbst früher Lehrerein an der Engelsburg, formulierte es so: „Was die Schülerinnen und Schüler von hier mitnehmen, ist eine Erfahrung von Lebendigkeit, Weite und Gemeinschaft.“ Wenn das in Erinnerung bliebe, sei die Engelsburg eine gute Schule.
Dies hob auch Schwester Maria Ignatia Langela in ihrem Festvortrag hervor. Sie leitete das Gymnasium von 1990 bis 2006.
„Das vielleicht größte Lob für unsere pädagogische Arbeit kam erst im vergangenen Jahr per Mail von dem Vater ehemaliger Engelsburg Schüler“, berichtete sie. Der habe geschildert, dass sein Sohn im Urlaub mit drei früheren Klassenkameraden ein Floß gebaut habe, mit dem sie sich über die Donau ins Schwarze Meer treiben lassen wollten. Dabei hätten sie das Floß auf den Namen ihrer ehemaligen Schulleiterin getauft. Der Vater fragte Schwester Maria Ignatia: „Aus meiner Sicht ist das eine gewagte Expedition – was haben Sie den Kindern in der Schule nur beigebracht?“
Eigenständigkeit gelernt
Schwester Maria Ignatia dachte darüber nach und kam zu dem Schluss: „Offensichtlich waren diese Schüler ermutigt, etwas zu wagen und zu gestalten und miteinander zu tun. Solange wir solche Geschichten hören, ist es um unsere geliebte Engelsburg gut bestellt.“
Beeindruckende Statements hatten aber auch die heutigen Schülerinnen und Schüler der Engelsburg in dem feierlichen Gottesdienst gegeben, mit dem der Festtag begann. Friederike Barth, die gerade ihr Abitur gemacht hat, erklärte: „Hier habe ich gelernt, ein selbstständiger Mensch zu sein und eigene Entscheidungen zu treffen.“ Besonders gern denkt sie an die zwei Wochen in der achten Klasse auf dem Gut Kragenhof zurück – ohne Handy, ohne Fernsehen, ohne Internet: Hier sei das Motto der Engelsburg – „Gemeinsam. Leben. Lernen.“ – besonders intensiv zu spüren gewesen.
Auch ein ehemaliger Lehrer, Josef Goebel-Pflug, erinnerte sich vor den 500 Besuchern des Gottesdienstes in der Martinskirche: „Als ich hier anfing, hatte ich von einer Schule geträumt, in der sich die Schüler motivieren lassen, ihr Leben in die Hand zu nehmen. Ich träumte von einer Schulgemeinschaft, die mich stark macht, die mich kritisiert, aber auch ermutigt. Und nach 32 Jahren kann ich sagen: Diese Träume wurden wahr.“
Ein Ort, wo Menschen wachsen können
Schulseelsorger Ottmar Leibold bezog sich in seiner Ansprache auf die Lesung aus dem Buch Rut. Die verwitwete Rut war dem Alten Testament nach ihrer ebenfalls verwitweten Schwiegermutter Noomi nach Juda gefolgt, wo sie als Moabiterin eine Ausländerin war und mit Zurückweisung rechnen musste. Sie wollte ihre Schwiegermutter nicht allein lassen. Ihre Erfahrungen und ihr Gottvertrauen hatten sie stark gemacht. „Mit Rut könnte man sagen: Eure Engelsburg wird zu einem Ort, wo Menschen wachsen können, im Vertrauen zu sich selbst und untereinander, wenn sie ein Ort der Begegnung ist“, so Ottmar Leibold.
Zugleich erinnerte der Schulseelsorger an das Gottvertrauen der Ordensgründerin Maria Magdalena Postel, die andere Frauen für ihre Gemeinschaft gewann und an sich band: „In ihrem Geist lebt unsere Schule von persönlichen Beziehungen. Unterricht ist vor allem erst einmal Beziehungsarbeit.“
Beziehungsarbeit leistet die Engelsburg aber auch zwischen Lehrern, Schülern und Eltern. „Dieses Zusammenspiel der Schulgemeinschaft funktioniert hier hervorragend“, lobte Stadtrat Hajo Schuy später beim Festakt. Das bestätigte Lilian Koch als Vorsitzende des Schulelternbeirates. Und Michael Jung vom Studienseminar für die Lehrerausbildung, fügte hinzu, dass es vor diesem Hintergrund auch gelingen müsse, Leistungsbereitschaft und Barmherzigkeit miteinander zu verbinden: „Das schafft eine mächtige Synthese in der Verantwortung.“
Faszination des Nichtwissens
Zum Abschluss ihres Festvortrages mahnte Schwester Maria Ignatia an, sich angesichts der zunehmenden Säkularisierung der Gesellschaft noch weiter zu öffnen, jeden neuen Schüler zu fragen, was ihm heilig ist und welches Geheimnis ihn in seinem Innersten berührt. „Wir sind meiner Meinung nach sind wir immer noch zu sehr fasziniert vom Wissen.“ Doch gebe es heute trotz des enormen Wissenszuwachses der vergangenen Jahrhunderte immer mehr existentielle Fragen. „Wenn wir eine Schule gestalten wollen, in der das Geheimnis im Mittelpunkt steht, dann ist es unverzichtbar, die Faszination des Nichtwissens zu thematisieren.“
Das entspreche einem modernen Verständnis von Kirche, wie sie die Engelsburg im Kleinen sei. Schon Augustinus habe über die Kirche geschrieben: „Viele, die innen zu sein glauben, sind draußen – aber auch umgekehrt.“ So interpretiert, dürfe die Ausrichtung der Engelsburg dieselbe bleiben wie in den vergangenen 125 Jahren: „á Dieu, zu Gott hin, in diesem Mysterium tremendum, das unsere konfessionellen, unsere kulturellen, ja unsere religiösen Grenzen sprengt.“
Fahrt in die Normandie
Alle bisherigen Aktivitäten der Engelsburg sprengt auch die gemeinsame, einwöchige Fahrt mit 1200 Schülern, Lehrern und Mitarbeitern des Gymnasium Anfang Oktober an die Ursprungsorte der Gemeinschaft in die Normandie. Schulleiter Dieter Sommer sagt: „Wir haben noch viele Veranstaltungen in unserem Jubiläumsjahr. Aber das wird sicher der Höhepunkt werden.“
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