Engelsburg-Gymnasium verabschiedet seinen Schulleiter Dieter Sommer
„Auffallend ist Ihre große Gestaltungskraft“, betonte Provinzoberin Schwester Johanna Guthoff am Freitag bei der Verabschiedung von Dieter Sommer als Schulleiter des Engelsburg-Gymnasiums. Annette Knieling vom Schulamt der Stadt Kassel zitierte einen Vermerk aus seiner Personalakte, der von Dieter Sommers Vorgängerin Schwester Maria Ignatia Langela stammt: „Er ist entscheidungsfreudig und scheut sich nicht davor, selbst anzupacken.“ Und bei alledem, fügte Julia Metzger, Leiterin der Schulabteilung im Bistum Fulda hinzu, „beeindruckt Ihre Bescheidenheit.“
In einem feierlichen Gottesdienst in der Kasseler Martinskirche und einem anschließenden Festakt in der Cafeteria der Engelsburg verabschiedeten sich die Schulgemeinschaft und langjährige Weggefährten von dem Mann, der die Engelsburg zwölf Jahre lang geleitet hat und der sich – wie er selbst sagt „immer mehr als Kollege fühlte, weniger als Schulleiter.“
Dafür spricht auch das Wir-Gefühl an der Schule. Schwester Johanna rief den Studientag im September 2012 in Erinnerung, bei dem Schwester Elisabeth Morell als stellvertretende Schulleiterin das Lehrerkollegium – am Tag vor ihrem plötzlichen Tod – das Wort „WIR“ nachstellen ließ. „Das war Schwester Elisabeths Vermächtnis“, so Schwester Johanna.
Dieter Sommer habe diesen Prozess weitergeführt: „Das Wir-Gefühl war während des Jubiläumsjahres spürbar. Bis zu der Fahrt der gesamten Schule in die Normandie, bei der Sie alle auch mit dem Geist unserer Ordensgründerin, der heiligen Maria Magdalena Postel, in Berührung kamen. Das ist Ihr Vermächtnis, das Sie der Schule hinterlassen.“
Segen für die Zukunft
Schon um 8 Uhr morgens hatten sich die über 1000 Schüler und Mitarbeiter der Schule sowie Eltern und zahlreiche Gäste in der Martinskirche versammelt. Dort erteilte Schwester Johanna dem scheidenden Schulleiter den Segen für seine Zukunft. Die will er für Reisen mit seiner Frau Brigitte nutzen. „Endlich einmal außerhalb der Ferien“, sagt er schmunzelnd. Und er freut sich auf sein drittes Enkelkind, das bald kommt. Vor allem für die Familie will Dieter Sommer nun mehr Zeit haben.
Zugleich spendete Schwester Johanna seinem Nachfolger Thorsten Prinz und seiner neuen Stellvertreterin Dr. Monika Rack den Segen für die Aufgabe, die sie nun antreten. Dass zwei bewährte Kollegen aus der eigenen Lehrerschaft die Schulleitung übernehmen, freut Dieser Sommer besonders: „Die Möglichkeit eigener Personalentscheidungen ist einer der Vorteile einer Privatschule: Thorsten Prinz und Monika Rack werden die Engelsburg im selben Geist weiterführen“, ist er überzeugt.
Abschiedserfahrungen
Zwei Schüler und zwei Lehrer berichteten in dem Gottesdienst über ihre Erfahrungen mit Abschieden und Neuanfängen. „Es heißt ja. Aller Anfang ist schwer. Aber viel schwerer ist es loszulassen“, berichtet Benedict Freund, ehemaliger Schülersprecher der Engelsburg. Lara Thielemann aus der siebten Klasse erzählte von ihrem Umzug aus Amerika und ihrer positiven Aufnahme als Schülerin an dem Kasseler Gymnasium.
Unterstufenleiter Detlef Rosenbach hatte schon mehrmals die Schule gewechselt und spricht Dieter Sommer Mut zu: „Die Gefühle machen dann mit Dir, was sie wollen. Aber jeder Wechsel war auch ein Neuanfang, der Energien freisetzt.“
Und Walter Sittig, ehemaliger Fachbereichsleiter an der Engelsburg, verriet: „Man kann einen Abschied zwar theoretisch vorbereiten. Aber die Realität ist eine andere.“ Er habe im Ruhestand zunächst die regelmäßigen Treffen des Leitungsteams an der Schule vermisst, weiß aber: „Dieses Team ist hochkompetent. Es wird auch weiterhin bestrebt sein, Themen aus unterschiedlichen Blickwinkeln mit dem Ziel des Einvernehmens, immer im Sinne unserer Schüler, zu diskutieren.“ Und dass man der eigenen Familie mehr Zeit schenke könne, sei eine wunderbare Erfahrung.
Schulseelsorger Ottmar Leibold rief den Abschied Abrahams in Erinnerung, dem Gott gesagt hatte: „Geh Du mir voraus.“ Dafür brauche man viel Vertrauen. Gleichzeitig mache dieses Bild deutlich, dass man nicht zurückschauen, sondern nach vorn blicken solle. Das will Dieter Sommer nun tun.
Außergewöhnliches Geschenk
Die Eltern der Engelsburg-Schüler bereiteten ihm zum Abschluss ein außergewöhnliches Geschenk, etwa zehn Meter lang und weiß lackiert: Einen Zehnerkanadier für das Bootshaus der Engelsburg. Als Vorsitzende des Schulelternrates dankte Dr. Lilian Koch Dieter Sommer für die vertrauensvolle Zusammenarbeit, seine Offenheit, die absolute Zuverlässigkeit, das strukturierte Handeln und seine nie endende Zuversicht, „dass es immer einen Weg gibt.“
Anschließend gab es für den Schulleiter minutenlange, stehende Ovationen.
Höhepunkt eines jeden Schuljahres war für den Pädagogen Sommer immer die Ausgabe der Abitur-Zeugnisse: „Das ist letztlich der Moment, auf den wir hinarbeiten.“ Freuen konnte er sich aber über jede Begegnung mit den Schülerinnen und Schülern, auch auf dem Schulhof. Das wurde selbst bei dem Empfang nach dem Gottesdienst in der Schulcafeteria deutlich, während die Klassen ihre Zeugnisse erhielten. Viele Schüler kamen vor dem Verlassen des Schulgeländes vorbei und erklärten: „Wir wollten einfach noch einmal Danke sagen.“
Neue Lernmethoden eingeführt
Danke sagten auch Schwester Johanna, Annette Knieling, Julia Metzger, Dr. Hans-Georg Lang als Vertreter der Arbeitsgemeinschaft der katholischen Schulleiter im Bistum Fulda, Stefan Alsenz als Freund und Leiter des benachbarten Herderschule, Michael Jung vom Studienseminar und Volker Hahn-Dwier als Sprecher der Mitarbeitervertretung.
Stefan Burk, Geschäftsführer der Schulen in Trägerschaft der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel, und der kaufmännische Leiter Michael Bünger stellten eine Reihe Thesen für einen guten Schulleiter auf, die auf Dieter Sommer alle zuträfen. So habe er sich stets weitergebildet und an der Engelsburg neue Lernmethoden eingeführt, sein Spezialwissen als Rudersportler eingebracht und als Vorsitzender des Wassersportvereins das eigene Bootshaus auf den Weg gebracht. Auch habe er die Schule baulich gestaltet, Regie für den Neubau der Cafeteria geführt, viele junge Kolleginnen und Kollegen eingearbeitet und die Identität der Schule unter anderem mit einem neuen Leitbild geschärft. Stefan Burk fasste zusammen: „Die Engelsburg ist heute gut aufgestellt.“
Michael Bünger hielt fest: „Du hattest in Deiner Zeit drei Stellvertreter, vier Geschäftsführerinnen und -führer, acht Mitglieder im Leitungsteam, weit über 100 Kollegen und rund 3000 Schülerinnen und Schüler. Ich glaube, angesichts dieser Zahlen darf man von großer Beständigkeit sprechen, wenn nicht sogar von einer Ära.“
Christliches Bekenntnis
Schwester Johanna sieht in Sommers Wirken auch viele Ideale der heiligen Maria Magdalena Postel: „Wie unsere Gründerin zeigten Sie große Liebe zu den Menschen, weckten in ihnen durch Vertrauen das Gute und halfen dabei, Schwierigkeiten zu überwinden. Für dieses christliche Bekenntnis danke ich Ihnen.“
Die schulfachliche Aufsichtsbeamtin Annette Knieling entdeckte Spannendes in der dreibändigen Personalakte, die sie mit dem heutigen Tag schließen wolle: zum Beispiel einen Hinweis aus den 80er Jahren auf Dieter Sommers „außerordentliche Medienkompetenz“, weil er im Religionsunterricht wagemutig einen Overhead-Projektor eingesetzt habe.
„Ich durfte Ihre umsichtige Schulgestaltung erleben und habe auch Ihre Fahrt in die Normandie neidisch verfolgt“, gab Annette Knieling zu.
Stabil, flexibel, voller Vitalität
In der kulinarischen Geschenktüte, die sie dem Schulleiter übergab, befand sich deshalb auch ein Boskoop-Apfel, beziehungsweise ein „Boss-Kopp“, wie sie es aussprach: „Der erinnert mich an Sie. Er ist stabil, flexibel für den Transport, aromatisch, voller Vitalität: eben ein bodenständiger Kosmopolit.“
Julia Metzger habe Dieter Sommer immer vom Kind denkend her erlebt. Hans-Georg Lang beschreibt ihn als „verschmitzt-hintergründig“ – und Stefan Alsenz als genau den richtigen Mann für die Engelsburg: „Ich war früher ja selbst Lehrer an dieser Schule gewesen und hatte Dir am Friedrichgymnasium geraten, Dich auf die damals ausgeschriebene, stellvertretende Schulleiterstelle an der Engelsburg zu bewerben.“
Michael Jung vom Studienseminar dankte Dieter Sommer für die Zuwendung gegenüber den Referendaren, „die von ihr wichtige Erfahrungen mitnehmen.“
Und MAV-Sprecher Volker Hahn-Dwier warf abschließend noch einmal einen sehr privaten Blick auf den Menschen Dieter Sommer: „Wenn er morgens in die Schule kam, gesellte er sich zu uns in das kleine Zimmer, in dem die Kaffeemaschine steht. Warum? Er hätte seine eigene Maschine in seinem eigenen Büro haben können. Aber er wollte bei uns sein, mit uns zusammensitzen, bevor der Unterricht beginnt.“ Das habe ihm ein gutes Gefühl vermittelt.
Bauchgefühle
Und so habe Dieter Sommer viele Entscheidungen aus dem Gefühl, aus dem Bauch heraus getroffen, bevor sie der Verstand verarbeiten konnte: „Falsch gelegen haben Sie damit nie“, so Volker Hahn-Dwier. Auch nicht bei der Normandiefahrt, bei der die Vernunft im Vorfeld viele Bedenken anmeldete.
So hat Dieter Sommer schon im ganz normalen Schulalltag das Wir-Gefühl gestärkt, pädagogisch gedacht und sich als Kollege gefühlt. Dabei sah er sich immer als Teil des Ganzen, ohne das dieses Hineinwirken nie denkbar gewesen wäre. Dieter Sommer fand dafür vor den über 150 Gästen des Festaktes ganz einfache Worte: „Die Engelsburg ist eine tolle Schule. Auch ich sage: Danke!“